Sino Hearts ist eine Punk-Powerpop Band gegründet von dem in der chinesischen und österreichischen Punkszene umtriebigen und bekannten Zhong. Mit der Liebe zum 60er Jahre Sound erspielt sich der gebürtige Chinese, zu recht, seine jetzige Bekanntheit. Mit seiner Band veröffentlichte er nun das 3. Album „Lightening The Darkness“ und wir durften Zhong von den Sino Hearts exklusiv zu ihm und seinem neuen Album befragen!
Nailhead Magazine: Hallo Zhong! Vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst einige unserer Fragen zu beantworten.
Für alle, die dich noch nicht kennen sollten, stell dich doch mal kurz vor. Erzähle uns was du so machst und woher man dich kennt.
Zhong: Hallo Constantin! Vielen Dank für die Fragen, die mir die Gelegenheit geben, über die Musik zu erzählen, die mir viel Spaß macht.
Ich bin Zhong, gebürtiger Chinese, habe dann aber seit Anfang meiner Teenager-Zeit in Wien gelebt. Damals war ich musikalisch schon mehr oder weniger aktiv und hab gleich in ein paar Bands gespielt wie Deecracks, Frankenstyle, Maltschick’s Molodoi, 2nd Class Substitutes…und natürlich Sino Hearts habe ich auch erst in Wien gegründet.
Nailhead Magazine: Was hat dich dazu gebracht Musik zu machen bzw. die Musik zu machen, die du jetzt schreibst?
Zhong: Vor allem habe ich Punk Rock und Alternative Musik damals in China schon entdeckt, als ich noch ein Kind war, aber in Asien existiert bis heute immer noch nur in Japan die Independent Musik Industrie. In China oder Süd-Korea usw. gibt’s schon gute Szenen, dahinter stehen aber kaum richtige Labels und diese sind auch nicht wirklich mit der restlichen Welt vernetzt. Deswegen musste ich einfach raus!
Als Klassikmusik Schüler hatte ich dann die Gelegenheit im Westen (Österreich) zu studieren, um die andere Welt zu sehen. Nebenbei ungefähr 2004 kam eine österreichische Punk Rock Band – Sonic Bastards nach China auf Tour, ich war in der ersten Reihe bei ihrem Konzert in Zhengzhou, China. Da wollte ich schon Punk Musik machen.
Einige Jahren später war ich frisch in Wien angekommen und hab gleich Martin Liter King von Sonic Bastards kontaktiert aber Sonic Bastards waren schon vorbei, er hatte aber eine neue Band Frankenstyle, da war ihr Bassist zu diesem Zeitpunkt aus der Band ausgestiegen, so hab ich mit Musik machen angefangen.
2012 war ich Stand-in Bassist für die Deecracks Europatour gewesen und bin fast ein Monat lang täglich im Tourbus gesessen um durch viele Länder in Europa zu rocken. Auf der Tour haben wir mit der schwedischen Power Pop/Garage Punk Band the High-hats paar Shows gespielt. Ihre Mitglieder der High-hats waren gleich wie ich aus der Hardcore D-beat Punk herausgekommen und haben auch energetische Arrangements mit schönen Melodien. Um den Ramones Brainwash von den Deecracks und auch den 77 Punk von Frankenstyle zu kombinieren, begann die Sino Hearts Geschichte bis heute.
Nailhead Magazine: Ihr habt im Juli diesen Jahres euer 3. Album „Lightening The Darkness“ veröffentlicht. Wie hebt sich das neue Album von eurem Letzten „Mandarin A-Go-Go“ ab? Wie war der Prozess?
Zhong: Der Titel „Lightening the Darkness” ist ursprünglich vom Album „Naked“ (1978) der Wiener Garage/Psych Legende Novaks Kapelle inspiriert. Was für eine schwierige Zeit nach dem globalen Lockdown unter dem Schatten von Covid 19 steht. Und auch jetzt eskaliert der Wirtschaftskrieg zwischen den Ländern hinter dem neuen Eisernen Vorhang, es kommt nun die dunkle Zeit und es gibt auch keine klaren Signale, was in der Zukunft noch kommt.
„Lightening the Darkness“ ist musikalisch sehr melancholisch eingefärbt, innerlich textlich ist die Platte eine Diskussion über Leben und Tod, Hass und Liebe, Diktatur und Freiheit, Isolation von den Menschenmassen usw.
Aus technischer Sicht ist die Platte komplizierter als die vorherigen Werke. Instrumental sind diesmal auch Klavier und Synthesizer dabei, zum ersten Mal auch mit Chor und vielen New Wave, Post Punk, Neo Mod usw. Elementen.
Ursprünglich stand Tom Zwanzger von S.T.R.E.S.S Studio in Graz, der unsere letzte Platte „Mandarin A Go Go“ produziert hatte, aber im Endeffekt wurde vom italienischen Produktionsteam produziert, also wurde es von Bruno Barcella gemischt und von Riccardo Zamboni gemastered. Unser Stand-in Gitarrist Ned Moffit aus den USA hat auch paar schöne Solos für die Platte aufgenommen, die Schlagzeuge für 8 Tracks sind vom chinesischen Travis Barker – unser chinesischer Drummer Fan Yu und auch 3 Nummern von unserem ex-Schlagzeuger Xu Minghe.
Es ist beste Platte bisher, die ich überhaupt geschrieben habe.
Natürlich bedanken wir uns auch für die großartige Zusammenarbeit mit Soundflat/Topsy Turvy Records (DE) und Otitis Media Records (US).
Nailhead Magazine: Du bist ja ein großer Fan der 60er Jahre und ihr habt euer neues Album fast komplett analog aufgenommen. Was macht eine analoge Aufnahme für dich so speziell?
Zhong: Voll, ich war ja ein großer Fan der 60er Jahre und ich würde immer alles komplett analog aufnehmen aber in Realität wurde der Prozess zwischen Digital und Analog ineinandergegriffen.
In Peking existiert ein Analog Studio „73 Studio“, im Besitz von Wang Jing, der Legende in der China-Film & Musik-Recording-Industrie und der hat mit uns nicht nur auf dieser Platte, sondern auch auf der zukünftige Platte, die wir im Frühling 2022 aufgenommen haben, als Tonmeister gearbeitet.
Ein analoger Klang ist mir menschlich, eigenartig und manchmal auch imperfekt, bis tief in die Seele der Rock Musik!
Nailhead Magazine: Beim Hören deiner Musik musste ich sofort an alte europäische Filme denken. Was waren deine Inspirationen fürs neue Album?
Zhong: Danke fürs Kompliment! Als großer Fan von französischen Nouvelle Vague Filmen aus den 60er Jahren, wollte ich auch wie die kleinen Figuren aus den Filmen, über kleine individuelle Geschichten, Fantasien, Liebe oder Kummer zu schreiben versuchen. Im Gegensatz zu American Dreams und Happy Ending von Hollywood, stehe ich lieber auf europäische alte Filme.
Jede Platte von uns erhält ein geografisches Thema, „Mandarin A Go Go“ war Tokio, Japan und diese Platte ist nur für Wien, das Cover Foto habe ich damals auf der Gumpendorfer Straße gemacht, umarmendes Paar stehend vor dem Wiener Gemeindebau, nass, kalt und grau. Und sogar „Love will tear us apart “!
Es war auch unter der Pandemie und Lockdown in Peking zwischen 2020 und 2021, nach 2 Jahren Isolation, als mein Heimweh nach Wien das Maximum erreichte. Bis heute ist China noch nicht offen und die Grenze ist immer noch zu. Tourismus ins Ausland ist verboten, man kann nur mit Familienbesuch Visum oder mit Business Visum ausreisen. Mit der Unterstützung vom italienischen Festival „Punk Rock Raduno“ und Soundflat Records aus Köln war ich diesen Sommer endlich wieder zurück in Wien für einige Zeit, beim „Ausreisen“ aus Peking haben mich 5 Polizisten gefragt, was ich im Westen mache…
So war diese Platte in China aufgenommen und in Italien produziert, Vinyl in Deutschland gepresst und die Scheiben habe ich im Wiener Spittelau abgeholt.
Heast Oida!
Nailhead Magazine: Zu „Passing Shades“ und „Every Low Heart“ habt ihr auch jeweils ein Musikvideo veröffentlicht. Wie habt ihr die Videos gedreht und wie kam es zu den Ideen dafür?
Zhong: “Passing Shades” haben wir im Wiener Zentralfriedhof und Kölner Süd Stadt gedreht und „Every Low Heart“ in Berlin gedreht.
“Passing Shades” war eine Nummer über Leben und Tod deswegen wollte ich seit Anfang an schon was am Zentralfriedhof filmen, besonders während der Covid Zeit waren Freunde von uns gestorben und meine Katze war auch in NÖ bei unserem originalen Schlagzeuger Frank zuhause, die aber leider wegen Krankheit gestorben ist. R.I.P
„Every Low Heart“ war ein Liebeslied durch die Zeit.
Ich war sehr spontan in Berlin Freunde besuchen, nach Ewigkeiten bleibt Berlin immer noch Berlin.
Nailhead Magazine: Du hast in deiner Vergangenheit in China gelebt. Wie würdest du die chinesische Musikszene mit der österreichischen vergleichen?
Zhong: Ehrlich gesagt, in China und Österreich gibt’s relativ wenige richtige Alternative Musik Industrie, um die Musiker zu unterstützen, obwohl es so viele talentierte Musiker gibt.
Das hat den Vorteil, dass man in Österreich alle möglichen Musikgenres von Klassik bis Drama und Rock usw. einfach begreifen und auch Konzerte besuchen kann. Es entstehen aber große Lücken zwischen dem Weltstandard und inländischem Standard. Mit cooler Musik zu leben ist fast unmöglich.
Die Bands, die einen Name haben, bekommen normalerweise die Unterstützung vom Ausland, z.B aus Deutschland oder USA, wenn die nicht zu Austropop umsteigen wollen. Deswegen finde ich als Musiker in Österreich die Schwierigkeit, sich auf beide internationale und inländische Märkte gleich zu konzentrieren, weil die ganz gespalten sind.
In China haben die Kommunisten seit 1979 das Land beschränkt geöffnet und von 2008 bis 2019 war die Unterhaltungsindustrie mit hoher Geschwindigkeit entwickelt. Obwohl Mandarin Pop nicht nur in China, sondern auch in Hong Kong, Taiwan, Malaysia, Singapur einen riesengroßen Markt haben, ist es im Vergleich zu K-pop und J-pop immer noch sehr unbekannt für die restliche Welt.
Die Rock-Szene in China ist in den letzten 15 Jahren gut gewachsen und mehr Bands wurden von inländischen oder ausländischen Musik Labels unterstützt und Mandarin Pop Rock ist sehr beliebt bei den Jugendlichen, andererseits gibt’s wenige Auftritte von Weltklasse Bands aus dem Westen in China, wenig Konkurrenz. Musiker können schon viel einfacher als in Europa mit Musik Geld verdienen. Aber China ist kulturell dem Westen gegenüber immer noch sehr isoliert, die musikalische Landschaft bleibt dynamisch, groß und interessant, meiner Meinung nach.
Nailhead Magazine: Mit den Sino Hearts warst du schon in vielen verschiedenen Ländern, unter anderem auch in Taiwan und Südkorea auf Tour. Wie sind diese Touren zustande gekommen?
Zhong: Ich wollte nicht nur in „Rock’n’roll Entwicklungsländer“ wie Europa, USA, Japan auftreten, sondern auch überall wo ich auch Interesse finde.
Ich wollte immer nach Taiwan gehen und seit ich damals die China Besetzung gegründet habe, wollte ich auch ein Zwischenstopp für die zukünftige Japan Tour vorbereiten. Taiwan wäre perfekt. Die Musik Szene zwischen China und Taiwan ist immer sehr gut verbunden. Wir haben uns im Herbst 2016 in Peking mit unserem Tour Manager von T.C.R.C Records aus Tainan, Taiwan getroffen und gleich am Anfang 2017 eine Taiwan Tour gespielt.
Süd-Korea waren wir 2019 von IT’S A FEST aus Seoul eingeladen, ein Skate Pop-Punk Label. Die Szene dort ist auch sehr lebendig und viele junge Leute waren bei unserem Konzert.
Bzw. mein Großvater als Bataillonskommandeur für die chinesische „Volksfreiwilligenarmee“ kämpfte im Koreakrieg am Anfang der 50er und der Veranstalter von IT’S A FEST Jeff, sein Großvater war amerikanischer Soldat im gleichen Krieg. 60 Jahren Später spielen wir gemeinsam am Punk Fest mit Freundschaft und Frieden. Es war mir sehr bedeutsam.
Nailhead Magazine: Kannst du uns im Allgemeinen ein wenig über deine Zeit in China erzählen?
Zhong: Vor Allem China ist ein riesiges Land und ich wohne im Norden in der Hauptstadt Peking, wo über 20 Millionen Einwohner im Großraum wohnen.
Vor Covid habe ich manchmal als Dolmetscher oder schriftlicher Übersetzer für die Deutschen oder Schweizer Botschaften, bei kulturellen Aktivitäten wie Ausstellungen oder Drama in Shanghai gearbeitet. Nebenbei buche ich auch unterschiedliche Musikgruppen aus der ganzen Welt für ihre Asien Auftritte. Als Musiker sind wir auch bei großen Unterhaltungsfirmen und man kann unsere Platten nicht nur kaufen, sondern auch bei Fluggesellschaft wie Air China und Karaoke alle möglichen Medien unserer Musik finden, natürlich kriegt man auch Lizenzgebühren.
Auf jeden Fall, nicht mehr wie damals in Österreich beim China Restaurant, Acht Schätze zu kellnern…
Nailhead Magazine: Zum Abschluss noch die immer wiederkehrende Frage nach der Zukunft. Was sind deine musikalischen Pläne für die Zukunft?
Zhong: Wie gesagt, dass wir heuer im Frühling auch die 4te Platte inklusive 12 neuen Songs komplett aufgenommen haben und im Sommer 2022 haben wir auch mit österreichischer Ersatzbesetzung (vielen Dank an Manu und Kevin!) Punk Rock Raduno Fest in Bergamo gespielt.
„Lightening the Darkness“ enthält noch eine Mandarin Version in voller Länge, die mir wirklich eine Herausforderung war. Wenn ich zurück bin, kümmere ich mich um die Erscheinungen für den Inland Markt. Nächstes Jahr würde ich mit den 2 neuen Platten eine USA Tour machen und auch dort was aufnehmen. In Japan oder Europa wieder auf Tour zu gehen, wäre auch sehr möglich für die Zukunft.
Musikalisch würde ich nicht im gleichen Bereich liegen, seit „Lightening the Darkness“ werde ich immer abwechslungsreich bleiben und freue mich jetzt schon auf das nächste Album!
Nailhead Magazine: Vielen Dank für deine Zeit und das Interview!
LINKS
Interviewer: Constantin Jacobs
Photos: 1. Svipe | 2. & 3. Mark Cristiano | 4. 南小宝 | 5. daehanmindecline | 6. Juanito Miranda
Comments